Was bitte ist ein Holf

Was bitte ist ein Holf?

Ein ganz erstaunlicher Bericht von Camilla Flessner.
Fotos: Robert Bayer

Ein Holf ist ein Canide, der – geht man genau nach Anzahl der Buchstaben –  nur zu ¼ Hund und zu ¾ Wolf ist. Ne, ne, keine Sorge, es geht hier ganz und gar nicht um eine Art neuen Designerhund alla Labradoodle & Co., dann hiesse diese Rasse nämlich Itolf. Denn der Holf ist durch und durch ein Irish Terrier, wie er im Buche steht. Es handelt sich beim Holf um die Irish Terrier Hündin, Galahad’s Guardian O’Alannah, die in ihrem zivilen Leben «Freya» gerufen wird.

Der Übername Holf wurde Freya von den Mitarbeitern des Wolfsforschungszentrums WolfScienceCenter WSC verliehen. Denn Freya hat dort fünf Wolfswelpen grossgezogen. Auch wenn sie nicht der einzige für die Aufzucht verantwortliche Hund war, wurde sie schnell zu DER Ersatzmutter und Erzieherin der Wolfswelpen schlechthin. Mit dem Übernamen Holf hat man sie für ihr ungeahnt grosses und ursprüngliches Verhaltensrepertoire ausgezeichnet.

Ungeahnt? Wie bitte!!!? Wer den Irish Terrier wirklich kennt weiss, dass dieses Verhaltensrepertoire ganz und gar nicht ungeahnt ist! Aber ganz zufällig war’s dann auch nicht, denn Freya wurde von ihrem Menschen, der Verhaltensbiologin Marianne Heberlein, gezielt und gut überlegt ausgewählt. Aber das kann am besten Freya selber erzählen:

«Tach! Weiss gar nicht so recht was sagen… Is’ doch alles ganz normal. Nicht normal? Doch, find’ ich.» – Bitte Allanah! Reiss dich zusammen! – « Oha, die! Aufgepasst, das ist die von damals. Ok… Damals… Tja, das war schön. Kuscheln, nuckeln, das volle Programm. Ich war der dickste Welpe, sogar dicker als meine Brüder. Yes! Es wurde aber noch besser. Echt! Wir waren schon so richtig gross, da packte uns die von damals und – Schwupps – da sassen wir zusammen mit zwei so Super-Zwergen. Die vier Wochen, wir sieben Wochen – weiss ich heute, als Expertin. Ich fand das sofort echt cool, hab’ denen gleich gezeigt wie das Leben so läuft und hab’ geholfen, wenn’s noch ein bisschen zu schwierig war für die Kleenen. Konnten die ja nix dafür, dass sie so klein waren. Das hatte ich von den anderen Grossen gelernt, die uns mit Mama Bonnie zusammen erzogen haben: fürs Kleinsein und Jungsein kann man nix. Aber höflich muss auch ein Zwerg sein! Das haben die Kleinen dann auch von mir gelernt.

Ok, ok, meine Geschwister haben mir ‘nen bisschen geholfen. Sind ja auch echte Irish Terrier. Aber meinen Wolfskindern habe ich das dann ganz alleine beigebracht – aber das war dann ziemlich genau ein Jahr später… Zurück in die Vergangenheit: Oh ja! Da kam diese Frau, MEIN Mensch!!! Ein bisschen kritisch hat die schon geguckt, aber da hab’ ich voll auf souverän geschaltet. Das war die beste Entscheidung meines Lebens! Bald durfte ich mit meinem Menschen die Welt entdecken. Zuerst meine irgendwie Ur-Ur-Grosstante (oder so) Jara und die lustige Alika kennenlernen und dann eine lange Fahrt in einer Riesenrappelschlange machen. Das Ding heisst Nachtzug, weiss ich heute, ist inzwischen mein drittes Zuhause.

Aber dann! Gerüche und nochmal Gerüche und Geräusche. Und was für welche! Ok, immer cool bleiben. OOOHHHH GOTT! Was ist das? Es macht Angst, nein Sehnsucht, Heimweh. – Uhuuuu-Huuuuiiiii – Es ruft. Wolfsheulen! Die kenne ich! Oder nein? Die klingen so fremd… Heute sind sie meine Brüder und fünf von ihnen sind MEINE Kinder.

Den Rest meines ersten Lebensjahres verbrachte ich zum grossen Teil mit meinem Menschen im WSC zwischen all den vielen Tieren und bereitete mich gewissenhaft auf ein Leben als der Holf vor. Ganz regelmässig ging’s mit der Riesenrappelschlange zurück in mein Leben als Hund, herumtollen mit Alika und gut aufpassen, was meine alte Tante Jara mir zu sagen hatte. Ja, war echt gut, dass Jara mir so viel beigebracht hat. Und dass ich ihr gut zugehört habe.

Am 4. Mai 2016 – vier Tage vor meinem 1. Geburtstag –  wurden in Russland und Kanada meine zukünftigen Kinder geboren. Ab dem Alter von 3 Wochen zogen die zwei Kanadier und etwas später die drei Russen im WSC ein. Jetzt begann meine richtig grosse Zeit.

Schneller, als dass es die kleinen Timberwölfe und die Menschen merken konnten, packte ich alles aus, was ich von meiner Mutter und den anderen Grossen damals und später bei meiner Tante Jara und Alika gelernt hatte.

In Windeseile erinnerte ich mich an das, was ich beim Lauschen des Heulens der Wölfe in mir entdeckt hatte. Kein Problem, das ging ganz schnell, denn schliesslich bin ich ein waschechter Irish Terrier. Dass ich keine wölfischen Stehohren habe, stört dabei gar nicht.

Meine Kinder verstehen mich noch heute mehr als ausgezeichnet, wenn ich sie in ihren jetzigen Rudeln besuche. Was mich besonders auszeichnet, sagt mein Mensch, sei, dass ich es schaffe souverän und verspielt zugleich zu sein mit meinen Wolfskindern. (Typisch Irish, sagt die von damals.) Inzwischen sind sie RIESIG geworden, meine Kleinen. Egal! Wenn’s mir zu bunt wird, werden die Riesen wieder zu den kleinen Zwergen, die sie mal waren.

Wenn ihr’s nicht glaubt, dann schaut doch mal vorbei auf www.wolfscience.at oder besucht uns in Echt. Das wär’ dann cool! Ich freu’ mich auf euch und eure Hunde und am allermeisten auf alle Irish Terrier! Bis dann, eure Freya»


Wir bedanken uns herzlich bei der Autorin dieses tollen Berichts, Camilla Flessner, für die Story und für die aussergewöhnlichen Bilder bei Rooobert Bayer.

zurück zu allen Stories